Norbert Gerhold
(30. April 1909 - 8. Februar 1994)
Geboren in Langenlois in Niederösterreich wuchs er mit fünf Geschwistern in einer
musikalischen Familie auf, für die Hausmusik eine Selbstverständlichkeit war. Beide
Eltern sangen und bereits im Alter von 6 Jahren erhielt Gerhold von seinem Vater
Geigenunterricht. Um so mehr erstaunt es, daß Gerhold, der bereits mit fünf Jahren
eingeschult worden war, ausgerechnet im Singen eine schlechte Note heimbrachte: er
war ein sogenannter "Brummer". Im Alter von 10 Jahren begann er auch mit dem Klavierspiel
und wurde "1. Geiger" der Liedertafel Langenlois. Mit 14 Jahren war er bereits Organist
an der Niklaskirche in Langenlois. 1924 kam er an die Lehrerbildungsanstalt nach Krems,
wo er 1927 maturierte. Aus Mangel an Lehrerstellen begann er nach der Matura mit dem
Studium an der Wiener Musikakademie in der Abteilung für Kirchenmusik. Zu seinen Lehrern
zählten dort u.a. Vinzenz Goller und
Josef Lechthaler. Neben dem Studium und fast
täglichen Konzertbesuchen entstand sein erstes großes Werk, ein Requiem. Mit dem Diplom
der Akademie in Dirigieren, Orgel und Komposition sowie dem Lehramt für Violine, Klavier,
Orgel und Gesang, war eine breite Basis für die Zukunft gelegt. Weihnachten 1931 wurde
seine erste Orchestermesse in der Neumargaretener Kirche in Wien uraufgeführt. 1930 - 1933
war er Musiklehrer am Stiftsgymnasium in St. Paul im Lavanttal. 1933 bis 1936 war er
Musikprofessor an der Lehrerbildungsanstalt in Krems, daneben war er als Chorleiter,
Stimmbildner und Organist im Stift Göttweig tätig. Nach Schließung der Kremser Anstalt
1936 kam er nach Innsbruck als Lehrer an die dortige Institution und von 1938 bis 1939
war er Regens chori in Pradl. Seine fertige Dissertation wurde nicht angenommen, da er
den Vorstellungen des herrschenden Regimes nicht entsprach. Erste bereits gedruckte Messen
und Lieder wurden verboten als "Dienst an einer feindlichen Macht". Als er unter dem
Pseudonym Johannes Gerbert veröffentlichte, war seinen Werken das gleiche Schicksal
beschieden. Am 30. April 1941 wurde er zur Luftwaffe in München eingezogen. Als gefragter
Musiker wurde er aber zur Truppenbetreuung an der Front und im Lazarett eingesetzt und
überstand den Krieg in dieser Verwendung zum Glück gut.
Nach dem Krieg gründete er in St. Gilgen, wohin es ihn verschlagen hatte, eine Musikschule
und veranstaltete mit amerikanischer Unterstützung Kirchenkonzerte und Kammermusikabende.
Als Regens chori in Wilten-Ost und als Musiklehrer am französischen Gymnasium (1946/1947)
kam er wieder zurück nach Innsbruck. 1948 wurde er Musiklehrer am Akademischen Gymnasium
und blieb dort bis 1971. In Wilten-Ost, wo er auch mit einer Jugendgruppe arbeitete, wollte
der Prämonstratenser-Chorherr Otto Karasek die Tradition der mittelalterlichen Chorknaben
des Stiftes wieder aufleben lassen. Er fand in Gerhold den kongenialen Partner und sie
gründeten 1946 die "Wiltener Sängerknaben", deren Chorleiter er bis 1982 war. Kamen die
Buben zuerst nur aus der Pfarre, so wurden sie bald in der ganzen Stadt gesucht und auch
gefunden. In seiner 36jährigen Tätigkeit als Chorleiter arbeitete er mit mehr als zweitausend
Buben. Norbert Gerhold starb am 8. Februar 1994 in Innsbruck.
Werke:
Erste Kompositionsversuche machte er bereits mit 8 Jahren, die allerdings verschollen sind.
Seine frühen Werke sind überwiegend Instrumentalwerke, erst nach dem Krieg entwickeln sich
klar die beiden Bereiche: Vokalmusik und Vokal-Instrumentalmusik. Zahlreiche Werke, die vor
und während des Zweiten Weltkrieges entstanden waren, gingen verloren. Bei einem Bombentreffer
in Stuttgart zum Beispiel wurde nicht nur sein Verleger getötet, sondern auch die bei ihm gerade
zur Veröffentlichung liegenden Werke (40 Kinderlieder) vernichtet. 1928 - während seines Studiums
in Wien - entstand sein erstes großes Werk auf kirchenmusikalischem Gebiet, ein "Requiem".
Neben zahlreichen lateinischen und deutschen Messen komponierte Gerhold Lieder, Chöre und auch
zwei Märchenopern, "Rumpelstilzchen" und "Die drei Wünsche". Der Text zum "Rumpelstilzchen"
stammt von der Kinder- und Jugendbuchautorin Sophie Gasser (1892 - 1978). Die Uraufführung
von "Rumpelstilzchen" fand am 25. Februar 1956 am Landestheater in Innsbruck statt, 1981 kam
es zu einer Wiederaufführung. Die Texte zu den Singspielen "Herbergsuche" und "Weihnachten"
stammen ebenfalls von Sophie Gasser. Für einen Männerchor vertonte Gerhold das "Zahnweh" von
Wilhelm Busch (1832 - 1908), "Meister Böck" und "Lehrer Lämpel",
der dritte und vierte Streich aus "Max und Moritz", dienten ebenfalls als Textvorlagen für
sein weltliches Schaffen. Für sein umfangreiches Oeuvre auf dem Gebiet des Kunstliedes vertonte er nicht nur Texte heimischer
Dichter wie z. B. Sophie Gasser, auch Gedichte von Friedrich Hölderlin (1770 - 1843),
Theodor Storm (1817 - 1888) und Detlev von Liliencron (1844 - 1909) finden sich darunter.
Ein Gedicht seines Vaters Im Loistal vertonte er 1930. Über 50 gedruckte und ungedruckte
Chöre befinden sich in seinem Werkverzeichnis und auf fast 500 Chorsätze aus seiner
Feder können dankbare Chorleiter zurückgreifen.
Seine "Missa fulgens corona", komponiert 1954, gehört zu unseren Repertoiremessen.
Insgesamt 28 Titel verzeichnet die Liste der vollendeten gedruckten und ungedruckten
kirchenmusikalischen Werke. Seine letzte Meßkomposition stammt aus dem Jahr 1985,
die "Familienmesse". Darüber hinaus gibt es eine große Zahl von unvollendet gebliebenen
Werken, auch auf dem Gebiet seines weltlichen Schaffens. Zahlreiche Werke sind
verschollen oder vernichtet.
Auszeichnungen:
- 1953 Kunstpreis des Landes Tirol
- 1966 Förderungspreis des Landes Niederösterreich
- 1969 Ernennung zum Oberstudienrat
- 1970 Verdienstkreuz des Landes Tirol
- 1974 "Pro ecclesia et pontifice" (Päpstlicher Verdienstorden)
- 1975 Ehrenzeichen für Kunst und Kultur der Stadt Innsbruck
- 1981 Verdienstzeichen des Verbandes österreichischer Volkshochschulen
Text: Adelheid Hlawacek
Quellen:
50 Jahre Wiltener Sängerknaben; Innsbruck - Tirol, 1946 - 1996. Hrsg.: Stift Wilten, R. Schreier
Österreichisches Musiklexikon, Bd 2 Gaal - Kluger; Wien 2003
Berger, Elisabeth: Norbert Gerhold - sein Wirken und Schaffen in und für Tirol; Innsbruck, Univ., Dipl-Arb. 1997
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