Leopold Maglo (ca. 1777 – 1836)
Regens chori 1806 – 1836
Auf Vorschlag des Pfarrers stellte man mit 1. April 1806 Leopold Maglo als neuen Schullehrer und Chorregenten an. Er war bisher Lehrer der dritten Klasse an der Hauptschule zu Klosterneuburg gewesen und verband nach den beygebrachten Zeugnissen mit seiner erprobten Lehrfähigkeit eine ausgezeichnete Geschicklichkeit in der Musik.1
Er wurde zu denselben Bedingungen eingestellt wie seine Vorgänger, d.h. er erhielt eine fixe Besoldung von jährlich 271 Gulden, dazu kamen Einkünfte von 96 Gulden und 27 Kreuzern aus der musikalischen Gestaltung von Stiftungsgottesdiensten. Diese insgesamt 367 Gulden und 27 Kreuzer wurden quartalsweise ausbezahlt, so dass der Schulmeister alle drei Monate ein Viertel seines Gehaltes bekam.2 Nach dem Staatsbankrott von 1811 sanken jedoch die Zinserträge der Fonds, aus denen der Schulmeister besoldet wurde, auf die Hälfte – kurzerhand wurden auch die fixen 271 Gulden des Gehaltes ab 1812 auf die Hälfte gekürzt! Mit den Zinsen ging es ab 1819 wieder bergauf, doch erst 1832 dachte man daran, auch das Gehalt des Schulmeisters wieder auf das alte Niveau zu bringen!3
Abgesehen davon, dass diese Vorgangsweise nicht fair war, kann man sich vorstellen, dass sie Maglo mit seiner großen Familie in echte Schwierigkeiten brachte. Er hatte mit seiner ersten Frau Eleonore, Tochter des Raitrates (Rechnungsrates) Josef Peschka sechs Kinder: 1807 Maria Katharina, 1809 Heinrich, 1811 Leopold, 1812 Franz Leopold, 1815 Leopold (die beiden ersten Leopolde waren also früh gestorben), und 1817 Anton; mit seiner zweiten Frau Juliana geb. Eder sieben Kinder: 1820 Aloys, 1821 Johann Bapt., 1823 Franz, 1824 Ignaz, 1825 Josefa, 1827 Julius, 1829 Franziska.4
Aber die Gehaltskürzung war nicht die einzige Katastrophe, die den Schulmeister 1812 traf. Dem Stadtbrand am 26. Juli fiel auch der Pfarrhof zum Opfer, und dort war das Kirchenmusikarchiv untergebracht, das daher auch ein Raub der Flammen wurde! Wir haben schon gehört, dass für die Beistellung der Aufführungsmaterialien der Regens Chori zuständig war. Kurzfristig dürfte Maglo den Mut verloren haben, denn vor Schulbeginn 1812 erwog er ernstlich einen Diensttausch mit dem Lehrer Josef Pichler in Poysdorf.5 Warum aus diesem Wechsel nichts wurde, wissen wir nicht. Hatte Pichler in Baden genauere Erkundigungen eingezogen und die Problematik der Stelle erkannt? Oder hatte sich Maglo von seinem Schrecken wieder erholt? Jedenfalls blieb er bis zu seinem Tod am 6. August 1836 im Amt.6
Zunächst galt es, den Kirchenchor wieder mit geeignetem Notenmaterial zu versorgen, was vor allem viel Schreibarbeit bedeutete. Grundsätzlich scheint das als gemeinsames Anliegen betrachtet worden zu sein – an umfangreicheren Werken (wohl auch an solchen, die kurzfristig gebraucht wurden) schrieben bis zu fünf Personen gleichzeitig. In mittelalterlicher Bescheidenheit haben die meisten von ihnen keine Signierung hinterlassen. Aber auch die relativ wenigen namentlich gefertigten Kopien ergeben ein buntes Bild. Eigenhändig schrieb Maglo folgende Musikstücke ab:
- ein Requiem von Aumann mit 10 Stimmen (Willander Nr. 12)
- ein Requiem von Josef Kainz mit 11 Stimmen (Willander Nr. 244)
- ein Graduale von Georg Albrechtsberger mit 14 Stimmen (Willander Nr. 4)
- ein Graduale von Joseph Eybler mit 8 Stimmen (Willander Nr. 91)
- neun Gradualien von Michael Haydn mit 12, 15, 16, 12, 9, 10, 12, 9 und 7 Stimmen (Willander Nr. 174, 175, 180 – 184, 188, 199)
- ein Graduale von Georg Huber mit 13 Stimmen (Willander Nr. 213)
- ein Graduale von Joseph Preindl mit 14 Stimmen (Willander Nr. 332)
- ein Offertorium von Joseph Eybler mit 15 Stimmen (Willander Nr. 76)
- zwei Offertorien von Michael Haydn mit 7 und 13 Stimmen (Willander Nr. 165, 172)
- zwei Offertorien von Wolfgang Amadeus Mozart mit 20 und 18 Stimmen (Willander Nr. 289, 290)
- ein Offertorium von Giorgio Pichl mit 17 Stimmen (Willander Nr. 314)
- ein Offertorium von Joseph Preindl mit 13 Stimmen (Willander Nr. 329)
- ein Offertorium von Joh. Bapt. Wanhal mit 15 Stimmen (Willander Nr. 437)
- ein Tantum ergo von August Eckschläger mit 11 Stimmen (Willander Nr. 67)
- ein Chorbuch mit 60 beschriebenen Seiten (Willander Nr. 558)
- einen Chor von Joseph Haydn mit 13 Stimmen (Willander Nr. 153)
- einen Chor von Peter Winter mit 10 Stimmen (Willander Nr. 451)
- ein Asperges eines unbekannten Komponisten mit 5 Stimmen (Willander Nr. 553)
- drei Responsorien von Georg Reutter jun. mit je 5 Stimmen (Willander Nr. 349 – 351)
- eine Litanei von Michael Haydn mit 10 Stimmen (Willander Nr. 193)
- eine Litanei von Joseph Huber mit 11 Stimmen (Willander Nr. 215)
- ein Pange Lingua von Michael Haydn mit 13 Stimmen (Willander Nr. 197)
- ein Tantum Ergo eines unbekannten Komponisten mit 15 Stimmen (Abschrift datiert 1826; Willander Nr. 511)
- ein weiteres Tantum Ergo eines unbekannten Komponisten mit 8 Stimmen (Willander Nr. 511)
- ein Regina Coeli von Leopold Hoffmann mit 8 Stimmen (Willander Nr. 209)
- ein Regina Coeli von Wolfgang Amadeus Mozart mit 7 Stimmen (Willander Nr. 296)
- ein Totenlied eines unbekannten Komponisten mit 4 Stimmen (Willander Nr. 527)
- ein Dies Irae eines unbekannten Komponisten mit 7 Stimmen (Willander Nr. 567)
Viel von der enormen Schreibarbeit blieb, wie man sieht, am Regens Chori hängen, doch fand er auch immer wieder hilfsbereite Mitarbeiter, die einige der Stimmen oder auch ganze Werke übernahmen:
- einen gewissen Ignaz Maglo, der aber nicht der Sohn des Chorleiters sein kann, weil dieser erst 1824 geboren ist (eine Abschrift datiert 1821; Willander Nr. 85, 332, 450);
- den späteren Bürgermeister Joh. Nep. Trost, der im Orchester die Primgeige spielte (Willander Nr. 156, 328, 329, 331, 432, 498);
- einen sonst nicht bekannten Simon Rauer (einmal datiert 1835; Willander Nr. 14, 116, 255, 260, 457, 482, 485, 504, 516, 559).
- Besonders fleißig war Johann Pernold, der seine Abschriften freundlicherweise meist datierte; er schrieb:
- anno 1818 die Missa in E von Joseph Haydn mit 10 Stimmen (Willander Nr. 140)
- anno 1820 eine Litanei von Schwertner mit 10 Stimmen (Willander Nr. 427)
- anno 1821 ein Offertorium von Joh. Bapt. Schiedermayer mit 13 Stimmen (Willander Nr. 409)
- anno 1821 eine Litanei von Aumann mit 10 Stimmen (Willander Nr. 13)
- anno 1824 ein Tantum Ergo von Michael Haydn mit 13 Stimmen (Willander Nr. 191/2)
- anno 1824 ein Tantum Ergo von Ambros Rieder mit 13 Stimmen (Willander Nr. 191/1)
- anno 1826 ein Offertorium von Ambros Rieder mit 5 Stimmen (Willander Nr. 354
- anno 1829 ein Offertorium von Anton Diabelli mit 13 Stimmen (Willander Nr. 54)
- ohne Jahresangabe ein weiteres Offertorium von Anton Diabelli mit 10 Stimmen (Willander Nr. 53)
- ohne Jahresangabe ein Offertorium von Joseph Eybler mit 38 Stimmen (Willander Nr. 78)7
- anno 1829 eine Litanei von Leopold Hoffmann mit 13 Stimmen (Willander Nr. 208)
- anno 1831 ein Graduale von Michael Haydn mit 12 Stimmen (Willander Nr. 186)
- anno 1831 ein Totenlied eines unbekannten Komponisten mit 1 Stimme (Willander Nr. 521)
- anno 1836 ein Totenlied eines unbekannten Komponisten mit 8 Stimmen (Willander Nr. 541)
Auch unter Maglos Nachfolger blieb der wackere Pernold aktiv:
- anno 1837 ein Totenlied eines unbekannten Komponisten mit 9 Stimmen (Willander Nr. 522)
- anno 1839 die Missa in G von Simon Sechter mit 18 Stimmen (Willander Nr. 374).
Besonders nett meinte es ein sonst nicht bekannter Anton Hatzmayr, der ein Tantum ergo von Josef Spoth kopierte und die Abschrift “Leopoldo Maglo regenti chori atque diligentissimo iuventutis praeceptori Badae” (L.M., Regens Chori und fleißigstem aller Lehrer der Jugend Badens) widmete.8
Ein geringer Teil des Notenmaterials hatte auch den Stadtbrand überlebt (wohl auf der Orgelempore oder in der Wohnung des Regens), z.B. Joseph Haydns “Große Orgelmesse”, an deren Abschrift sich wenige Jahre zuvor Joseph Schellhammer beteiligt hatte, oder einige Stücke, die durch den Vermerik “Ex rebus Anton Stoll, R. Chori Baadae” zeigen, dass sie sich noch aus dem Besitz Anton Stolls herübergerettet hatten, z.B. je ein Salve Regina von Joseph und Michael Haydn und ein Salve Regina von Franz X. Widerhoffer.9
Eine besondere Art von Neuzugängen lieferte Johann Nep. Namiesky, “Harmoniemusikdirektor zu Baden” (Laa a.d. Thaya ca. 1798 – 1871 Baden). Zunächst hatte er “dem Herrn Herrn Johann Schabel, fürsterzbischöflicher Consistorialrath, Dechant, Schuldistricts-Aufseher und Pfarrer zu Baden” ehrfurchtsvoll eine Messe gewidmet.10 Da Johann Schabel (1764 – 1834) von 1821 bis 1834 Pfarrer von Baden war und 1823 Dechant, Konsistorialrat und Schuldistriktsaufseher wurde, lässt sich diese Widmung in die Jahre zwischen 1823 und 1834 datieren.11 Sie hat dem ehrfurchtsvollen Dirigenten sicher nichts geschadet, denn er wurde in weiterer Folge Mesner und Thurnermeister der Pfarre St.Stephan, also de facto Leiter des städtischen Orchesters, und bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahre 1871, so dass er noch ausgibig Gelegenheit hatte, die Notenbestände des Kirchenchors durch eigene Kompositionen zu vermehren.12
In geringerem Ausmaß konnte der Kirchenchor seine Bestände auch durch den Ankauf gedruckter Materialien ergänzen. Da die älteren Notendrucke kaum je datiert sind, ist man mit der zeitlichen Einstufung auf die Verlagsangaben angewiesen. Wenn man nicht annehmen will, dass der Kirchenchor später antiquarisches Material einkaufte, lassen sich die Produkte folgender Verlage mit einiger Sicherheit der Zeit des regens chori Maglo zuweisen: 3 Musikstücke des Verlages Ignaz Sauer, der von 1798 – 1822 unter diesem Namen existierte; 2 Stücke der Chemischen Druckerei (1803), darunter eine Messe von Ambros Rieder; 6 Stücke dem Verlag Tranquillo Mollo (1798 – 1832), darunter 3 Messen und 2 Gradualien/Offertorien von Josef Preindel; 9 Stücke von S.A.Steiner & Co. (1815 – 1826), darunter wieder einige Werke von Ambros Rieder und Josef Preindl sowie 2 Messen von Joh. Nep. Hummel. Auch ein guter Teil der bei Diabelli & Co. (1824 – 1851) und Tobias Haslinger (1826 – 1842) verlegten Musikstücke wurden wohl unter Leopold Maglo erworben, wobei aus der Produktion Haslingers vor allem die 6 Messen und je 5 Gradualien und Offertorien von Josef Eybler in Frage kommen.13
Zwanzig Jahre nach der Brandkatastrophe hatte der Kirchenchor wieder einen ganz ansehnlichen Bestand “An Materialien” zur Verfügung, wie ein Inventar vom 12. Oktober 1833 meldet:
- 48 Messen mit allen erforderlichen Stimmen
- 27 Offertorien und Gradualien
- 25 Litaneyen
- 3 Te Deum Laudamus
- 3 Responsorien
- 1 Veni Sancte Spiritus
- 4 sonstige Musikstücke.
Interessant auch der damals vorhandene Bestand an Musikinstrumenten:
- 7 Violinen samt Bögen
- 2 Viola (sehr alt)
- 1 Violoncell (sehr alt)
- 3 Trompeten samt Bögen und Setzel (sehr alt)
- 2 Waldhorn samt Bögen und Mundstück (gut)
- 4 Clarinets mit allen Zugehör (gut)
- 2 Pauken von Kupfer samt Raßeln und Schlögel (gut)
- 4 Musikpulten (gut)
- 1 weicher Kasten zu die Pauken
- 1 hoher Kasten zu die Musikinstrumente und Musikalien.14
Aus dem vorhandenen Notenmaterial lassen sich – bei allen Unsicherheiten der Zuweisung im Einzelnen – Rückschlüsse auf die Aufführungspraxis ziehen. Handschriftlich waren 9 Mozartmessen, 10 Messen von Joseph Haydn und 11 Messen seines Bruders Michael vorhanden. Auf die zahlreichen gedruckten Messen des Hofkapellmeisters Joseph Eybler (Schwechat 1764 – 1846 Wien), des Wiener Domkapellmeisters Joseph Preindl (Marbach NÖLA 1756 – 1823 Wien) und des Perchtoldsdorfer Lehrers und Chorregenten Ambros Rieder (Döbling 1771 – 1855 Perchtoldsdorf) wurde schon hingewiesen. Die Beurteilungen “konservativ-gediegene Werke” und “überwiegend kirchliche Gebrauchsmusik”, die das Österreichische Musiklexikon über das Schaffen Preindls ausspricht, sind wohl auch auf die Kompositionen Eyblers und Rieders anzuwenden.15 Die Aufführungspraxis dürfte also der heutigen sehr ähnlich gewesen sein. Für die allsonntäglichen Hochämter wählte man solide Gebrauchsmusik, die durchaus auch Zeitgenössisches einschließen durfte; für die Hochfeste dagegen wurden Spitzenwerke der Kirchenmusik einstudiert.
Noch etwas lässt sich aus dem vorhandenen Notenmaterial rekonstruieren, nämlich zwei patriotische Feiern, die in Baden besonders festlich begangen wurden. Die Partitur “Der große Tag des Vaterlandes, 16. Juni ao. 814, ein Oratorium, gesungen im k.k. Waisenhause in Wien. Seiner Majestät dem Kaiser und Könige Franz I. ehrfurchtsvoll zugeeignet von Ignaz Sauer, Musikdirektor des Institutes” lässt vermuten, dass Auszüge oder eine Bearbeitung dieses Oratoriums zur siegreichen Beendigung der napoleonischen Kriege auch in Baden aufgeführt wurden, nachdem Kaiser Franz hier am 30. Juni 1814 seine Sommerresidenz bezogen hatte.16 Und das Aufführungsmaterial der Eybler-Messe “Zur Krönungs-Feyer Ihrer Majestät der Kaiserin Carolina als Königin von Ungarn” ist wohl als Hinweis darauf zu verstehen, dass diese Messe zu Ehren der allseits beliebten Kaiserin Karoline Auguste (ihr Bild hängt bis heute im Großen Sitzungssaal des Badener Rathauses) in diesem Jahre 1825 dem Kaiserpaar auch in Baden zu Gehör gebracht wurde.17
Sichtlich war es Leopold Maglo trotz aller Widrigkeiten gelungen, seine Musikerinnen und Musiker zu motivieren und die Position des Kirchenchors im Gefüge der Gesellschaft Badens zu halten oder sogar auszubauen – immerhin spielte in Maglos letzten Jahren der Bürgermeister persönlich die erste Geige des Kirchenorchesters, das war sicher auch damals keine alltägliche Erscheinung!
Weniger erfolgreich war Maglo als Leiter der Pfarrschule. Wir haben schon gehört, dass es im Jahre 1806 bei seinem Amtsantritt 423 schulpflichtige Kinder gab, von denen 90 % die Schule auch wirklich besuchten – obwohl sie von nur zwei Lehrern in zwei Klassenzimmern geführt wurden!18 1821 waren es schon 511 Schulpflichtige, da fühlte sich die Gemeinde endlich bemüßigt, die beiden Klassen zu teilen. Es gab also nun je zwei Parallelklassen mit insgesamt vier Lehrern.19 Gleichzeitig hatte Maglo angeregt, die bisherige Trivialschule zur Hauptschule aufzuwerten: Da man nun ohnehin vier Klassen habe, könne man zwei davon mit einem erweiterten Lehrstoff unterrichten und damit das Bildungsniveau beträchtlich heben. 1824 unterstützte die Stadt diese Idee durch eine Resolution des Gemeinderates und wies darauf hin, dass Maglo bereits in seiner früheren Stellung in Korneuburg Erfahrungen mit dem Hauptschulunterricht gesammelt habe. Alles vergeblich – erst 1855 wurde die Pfarrschule zur Hauptschule erhoben, fast zwanzig Jahre nach Maglos Tod!20
Inzwischen stiegen die Schülerzahlen erbarmungslos an, 1835 waren es bereits 611. Aber 157 von ihnen kamen nur “dann und wann” zur Schule und 13 überhaupt nicht.21 Das heißt: Der Schulbesuch war unter Schulmeister Maglo von 90 auf 72 % gesunken!
Wir wollen annehmen, dass es nicht nur eine leere Schmeichelei war, als Maglo als “diligentissimus praeceptor” bezeichnet wurde – immerhin stammte ja der Vorschlag, eine Hauptschule einzurichten, von ihm selbst und hätte, wenn er durchgegangen wäre, viel zusätzliche Arbeit für ihn bedeutet, da er wieder selbst unterrichten hätte müssen. Es war wohl die Ungunst der Zeit, die seinem pädagogischen Wirken im Weg stand – immerhin hatte in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit bereits das Spätbiedermeier eingesetzt, dessen Stagnation auf allen Gebieten schließlich zu der gewaltigen Entladung der 1848er-Revolution führte.
Am 6. August 1836 starb Leopold Maglo, “Muster-Schullehrer zu Baden”, im Alter von 59 Jahren. Als provisorischer Leiter von Pfarrschule und Kirchenchor wurde der Lehrer Franz Deifl bestimmt, der bis 30. September 1836 im Amt blieb.22
Ein großer Tag für Badens Musiker
Am 29. Juli 1826 um 11 Uhr Vormittag sollte die Grundsteinlegung des Erweiterungsbaues des Mariazellerhofs, damals Wohltätigkeitshaus, erfolgen. Da diese Institution eine soziale Leistung des Kaiserhauses war, sollte die Zeremonie von besonders hohen Herren vorgenommen werden, nämlich dem Weihbischof v. Steindl und dem Erzherzog Anton. Das Zeremoniell wurde durch zahlreiche Dekrete der niederösterreichischen Landesregierung geregelt. Diese gelangten über das Kreisamt des Viertels unter dem Wienerwald an den Magistrat der Stadtgemeinde, der für die Durchführung verantwortlich war und zu veranlassen hatte, dass einige kleine Chöre mit Trompeten und Pauken, dann ein ordentliches Orchester zur Abhaltung des Te Deum laudamus vorhanden sey. Am 25. Juli 1826 traf die Weisung für den Capellmeister der Musik-Chöre ein:
Wenn Seine k.k. Hoheit sich dem Gebäude des Wohlthätigkeitshauses nähern, werden dieselben von dem vor dem Hause aufgestellten Chore mit Trompeten und Pauken empfangen, welche Intrade bei dem Eintritte Seiner k.k. Hoheit in den Hof von dem im Hofe aufgestellten Chore wiederholt wird.
Wie Seine k.k. Hoheit die Urkunde unterschreiben, fällt der Haupt-Chor mit einer Intrade ein, welche von dem äußern Chore wiederholt wird.
Dieß geschieht auch, sobald Seine k.k. Hoheit bei den Bethstühlen anlangen.
Wie Seine k.k. Hoheit die erste Kelle Mörtel auf den Stein legen, erschallet eine Intrade, die von dem äußern Chore wiederholt wird.
Wie der Herr Weihbischof das te Deum anstimmt, fällt der Hauptchor mit einer Intrade ein, welches von dem äußern Chore wiederholt wird.
Daßelbe geschieht, nachdem der Herr Weihbischof den Seegen gegeben hat.
Wie der Herr Weihbischof von dem Altare und Seine k.k. Hoheit von den Bethstühlen sich entfernen, folgen sowohl von dem Haupt- als auch von dem äußern Chore die gewöhnlichen Aufzige.
Wenn Seine k.k. Hoheit nach Besichtigung des Hauses in den Saal eintreten, wo das Bildniß Seiner Majestät aufgestellt ist, wird von dem Chorpersonale mit Begleitung des Orchesters das Volkslied Gott erhalte Franz den Kaiser abgesungen.
Endlich erschallen bei der Abfahrt Seiner k.k. Hoheit aus dem Hause die Trompeten und Pauken des innern Chors, und es wird diese Intrade dann auch von dem äußern Chore wiederholt.23
Mit dem Ende der Ära Maglo treten wir sozusagen in die zeitgeschichtliche Epoche des Kirchenchors ein – erstmals stehen uns persönliche Erinnerungen und Zeitzeugenberichte zur Verfügung. Zwei davon (unter dem Link Anekdoten) wollen wir uns zu Gemüte führen, bevor wir uns wieder der streng historischen Betrachtung zuwenden.
Text: Dr. Rudolf Maurer
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der “Städtischen Sammlungen Baden (Rollettmuseum)”.
1 StA B, GB 387/1805, 1806 (Kreisschreiben von 1805 Sept. 12; Schreiben des Pfarrers ans Kreisamt von 1805 Okt. 8; Kreisschreiben von 1805 Okt. und 23, sowie 1806 April 1).
2 StA B, GB 381/1806ff. (Kirchenrechnungen).
3 StA B, GB 381/1832.
4 PfA Baden St.Stephan, Taufbuch tom. VII, fol. 188, 232; tom. VIII, fol. 11, 48, 93, 115, 172, 193, 225, 245, 276; tom. IX, fol. 11, 54. – Keine der beiden Ehen Maglos ist in den Badener Pfarrmatriken vermerkt, sie wurden also außerhalb der Pfarre geschlossen.
5 Ratsprot. 1812, sub datis 16.IX., 19.IX., 2.XII., 5.XII.
6 ROLLETT 3/1890, 16.
7 Ein Teil des Stimmenmaterials musste um 1860 durch neue Abschriften ersetzt werden.
8 WILLANDER, Nr. 390.
9 WILLANDER, Nr. 146, 152, 196, 447.
10 WILLANDER, Nr. 301 – 308.
11 ROLLETT, Chronik XII/1899, 84.
12 PfA Baden St.Stephan, Sterbbuch tom. XIV, fol. 34.
13 Auswertung von WILLANDER, S.1-24. – Verlagsdaten nach: Rudolf FLOTZINGER (Hg.), Oesterreichisches Musiklexikon (künftig: OeML), 5 Bde. (2003 – 2006), s.v.
14 StA B, GB 381/1833.
15 Auswertung von WILLANDER, Stichworte Haydn und Mozart. – OeML, s.v. Preindl (Uwe HARTEN), Eybler, Rieder.
16 Vgl. WILLANDER, Nr. 372. – ROLLETT, Chronik IX/1896, 13.
17 Vgl. WILLANDER, Nr. 75. – Brigitte HAMANN, Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon (Wien 1988), s.v. Karoline Auguste.
18 Zusammenfassung nach: Hermann ROLLETT, Beiträge zur Chronik der Stadt Baden, Bd. 3/1890, 100-104. – Erst 1821 wurde die Zahl der Klassen und Lehrer auf vier erhöht – bei 511 Schulpflichtigen!
19 ROLLETT, Chronik III/1890, 15.
20 StA B, GB 387/1824. – ROLLETT, Chronik III/1890, 16.
21 ROLLETT, Chronik III/1890, 15.
22 PfA Baden St.Stephan, Sterbbuch tom. X, fol. 62. – ROLLETT, Chronik III/1890, 16.
23 StA B, GB 389/1826.