Josef Lechthaler

(1891 – 1948)

Josef Lechthaler

Josef Lechthaler

Josef Lechthaler, Sohn eines Finanzbeamten, wurde am 31. Dezember 1891 in Rattenberg in Tirol geboren. In Reutte besuchte er die Volksschule und erhielt als Mitglied des Kirchenchores seine erste musikalische Ausbildung. Ab 1902 besuchte er das Benediktinergymnasium in Meran, wo seine musikalischen Fähigkeiten entsprechend gefördert wurden. Von 1910 – 1912 begann er in Innsbruck ein Jus- und Philologiestudium, danach von 1912 – 1914 und 1917 studierte er Musikwissenschaft an der Universität Wien. Gleichzeitig studierte er aber auch an der Akademie für Musik (u.a. bei Vinzenz Goller). Die Staatsprüfung legte er aus Gesang, Orgel und Klavier ab, 1919 promovierte er mit einer Arbeit über Alexander Utendal (Die kirchenmusikalischen Werke von A. Utendal). Utendal (geboren zwischen 1530/1540? – 1581) ist ein franko-flämischer Komponist, der ab 1564 als Altist im Dienst Erzherzog Ferdinands II. von Tirol stand und 1567 mit dessen Hof von Prag nach Innsbruck übersiedelte. Dort war er Musiklehrer der Singknaben und später Vizekapellmeister.

Lechthaler arbeitete zunächst als Musiklehrer an der Bundeserziehungsanstalt für Mädchen in Wien, 1924 wurde er aber als Theorielehrer an die Abteilung für Kirchenmusik der Wiener Staatsakademie berufen. 1931 wurde er zum Leiter der Wiener Staatsakademie, die er 1933 in eine Abteilung für Kirchen- und Schulmusik umgestaltete. Seit damals gibt es in Österreich für die Ausbildung der Musiklehrer an Allgemeinbildenden Höheren Schulen das Fach “Schulmusik”. 1931 – 1938 war er Leiter vom Redaktionsausschuß der Zeitschrift “Musica Divina”. 1937 wurde er zum Regierungsrat ernannt und 1938 seines Postens enthoben. In der Folge war er zuerst Lehrer an der Musikschule der Stadt Wien, später an der Wiener Reichshochschule für Musik. Von 1934 – 1938 war er Kapellmeister und Direktoriumsmitglied der Wiener Hofmusikkapelle. 1945 wurde er wieder in sein früheres Amt als Leiter der Musikakademie eingesetzt. Nach einer Umorganisation war er bis zu seinem Tod am 21. August 1948 Leiter der Abteilung für Musikerziehung. Daneben war er Vorsitzender der staatlichen Prüfungskommission für Privatmusiklehrer und Konsulent für Musikerziehung im Bundesministerium für Unterricht. Er war Chefredakteur der Zeitschrift “Musikerziehung” und Begründer der “Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Österreichs”.

Neben seiner überwiegend kirchenkompositorischen Tätigkeit setzte er sich in seinen Schriften nachdrücklich für die Musikerziehung in Österreich ein und hatte auch bestimmenden Einfluß auf diese. Zusammen mit Gustav Moissl und Sigismund Schnabel war er verantwortlich für den letzten Band des vierteiligen Schulbuches Österreichische Schulmusik: Lieder fürs Leben, Sing- und Musizierbuch für die Jugend. Bei Band 1 bis 3 war er der alleinige Herausgeber. Generationen österreichischer Schulkinder hatten diese Liederbücher in den Händen und mancher hütet sie heute noch wie einen Schatz.

Werke:

Messen:
“Klemens Maria Hofbauer-Jubiläumsmesse op. 5”; für gemischten Chor, Soli, Orgel und Bläser; 1925 (K.M. Hofbauer ist der Wiener Stadtpatron, sein Grab ist in der Kirche Maria am Gestade)
“Missa Patronus ecclesiae zu Ehren des hl Josef op. 9”; für gemischten Chor, Orgel und Streichquintett; 1925, Neudruck 1950. – Zum “Tag der Kirchenmusik” 2002 gelangt diese Messe zur Aufführung.
“Missa Gaudens gaudebo op. 25”; für gemischten Chor, a cappella; 1932
“Wiener Singmesse für das deutsche Volk op. 33”; 1933
“Missa Rosa mystica op. 61”; für 4-stimmigen gemischten Chor, a cappella; 1949

Geistliche Vokalmusik:
Vertonung von Psalmen, Marienlieder; Ostern, eine deutsche Motette; “Stabat Mater” u.a.
Er bearbeitete und gab heraus von Mozart die “Missa brevis in F, KV 192”

Weltliche Vokalmusik:
Werke für Männerchöre, für Gemischte Chöre, zahlreiche Lieder

Instrumentalmusik:
Musik zu dem Laienspiel “Der Spielmann”, Weihnachtsspielmusik, Orgelpräludien für die Weihnachtszeit; Kammermusik; Sonatine für Akkordeon; Musik für Gitarre, Flöte und Klarinette; Trio für Violine, Gamba und Harfe; Sonate für Cello; Festliche Tafelmusik u.a.

Literatur:
Jancik, H.: Das Lebenswerk Lechthalers; in: Der Alpenländische Kirchenchor T. III, Innsbruck 1948
Knoflach, E.: Die kirchenmusikalischen Werke Josef Lechthalers; Dissertation, Innsbruck1962
Tittel, Ernst: Josef Lechthaler, in: Österreichische Komponisten des 20. Jahrhunderts, Bd 7, 1966

Text: Adelheid Hlawacek

Quellen:
Riemann Musiklexikon, Personenteil, Band L – Z, 1961
Die Musik in Geschichte und Gegenwart; Bände 8 und 13, 1989
Österreichisches Biographisches Lexikon, Band 5, 1993
Österreich-Lexikon, Band 1, 1995
Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 6, 1997
Foto: Bildarchiv Österr. Nationalbibliothek, Georg Fayer